11.09.2018: Red Herring
von Christian (Kommentare: 0)
Da ist er wieder - dieser „Wow!-Moment“, als Red Herring am Dienstagabend im Folkclub Prisma gastieren, um dem zahlreich erschienenen Publikum einen erstklassigen Abend zu bescheren. Mit Roots, Americana, Mörderballaden und „Kickass Tunes“ treffen die vier sympathischen Musiker aus den Niederlanden genau ins Schwarze. Erdig-kernige Songs, gefolgt von knackig-frischen Tunes, die wirken, als hätte man sie gerade vom Baum gepflückt - die vier Musiker verbinden versiert Tradition und Moderne, und lassen etwas ganz Neues entstehen.
Der Begriff „Red Herring“ lässt sich mit „auf eine falsche Fährte führen“ definieren, bei den Musikern von Red Herring steht der Wasserbewohner jedenfalls für handgemachte Musik der Herren Deighton, Peeters und van Vlodrop, die sich sowohl um das Gesangsmikrophon als auch um die charismatische Powerfrau Loes van Schaijk gruppieren. Dabei verstehen sie es vortrefflich, ihr Publikum viel-saitig zu begeistern. Um genau zu sein sind es bis zu 26 Saiten in Aktion, verteilt auf Kontrabass, Gitarre und zwei Mandolinen und beim rasanten Tempo des Saitenspiels stockt einem bisweilen der Atem.
Thematisch geht es in vielen Songs um Beziehungskisten aller Art und auch die Musik wirkt, als sei sie aus schönem, stabilem Holz gefertigt. Der Song „No hearts won“ handelt von diesem Kisten-Ding: Beziehungen, die sein könnten aber nicht sein sollten und beticht darüber hinaus durch raffinierte Harmonien und mehrstimmigen Gesang.
Schreibt man gute Lieder nur, wenn es einem schlecht geht oder bietet das Liederschreiben eine Chance, aus dem Tal der Tränen herauszukommen? „There‘s a tear in my beer“ (Hank Williams) - das Bild vom melancholischen Liederschreiber ist zum Greifen nahe und auch traurige Themen werden musikalisch- einfühlsam angegangen. „Muddy Waters“ erzählt von der Tragödie eines Tornados, „Wichita Lineman“ von Jimmy Webb erzählt vom Arbeiter, der die Telefonkabel der dortigen Maisfelder installiert. Man hört zu, atmet durch und hat plötzlich das Bild der unendlicher Weiten des amerikanischen mittleren Westens vor Augen.
„Cashew crusher/The road to Newcastle“ ist ein famoses Set von Arthur Deighton, inklusive spannendem Spiel mit der Lautstärke, das nach Irish Folk mit Gypsy Jazz Würze schmeckt - die Heringe machen eben ihr eigenes Ding und scheren sich wenig um Konventionen. Singen können sie übrigens alle vier, was Arthur Deighton (mandolin, guitar, bouzouki) Joram Peeters (fiddle, viola, guitar, bouzouki, mandolin) Paul van Vlodrop (Banjo, mandolin, guitar) abwechselnd oder gemeinsam unter Beweis stellen. Gesungen wird mal a cappella, mit perkussiv eingesetztem Bass (begleitetet von der sanften, und dann wieder kraftvollen Stimme von Loes) mal mit starker instrumentaler Besetzung.
Ein gelungener Auftakt in die neue Prisma-Saison mit viel guter Laune und noch besserer Musik, der einen noch eine ganze Weile danach die Welt umarmen lässt. Wenn man dann noch eine der schön gestalteten CDs mit nach Hause nehmen kann, ist das Glück perfekt. Keine Frage, die roten Heringe sind so heiß wie frisch vom Grill.
smo
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